Wie Dr. August Ernst (1924-2013), 1958 bis 1988 Direktor des Burgenländischen Landesarchivs und der Burgenländischen Landesbibliothek sowie Herausgeber der Burgenländischen Heimatblätter, in seiner Arbeit „Zur Wiedererrichtung des Burgenlandes im Jahr 1945“ (Link zum PDF siehe unten) berichte, fanden bereits im April 1945 erste Gespräche zum Neuerwachen des Burgenlandes statt.
Ende März 1945 hatte der erste sowjetische Soldat im Bezirk Oberpullendorf österreichisches Gebiet betreten. Für den 11. April 1945 berief Dr. Lorenz Karall, wie August Ernst schreibt, „Persönlichkeiten aus dem politischen Leben der früheren Jahre“ zu einem Gespräch ein. Lorenz Karall (1894-1965) war Rechtsanwalt und ÖVP-Politiker. Von 1946 bis 1956 war er Landeshauptmann des Burgenlandes.
Am 27. April 1945 wurde eine provisorische Staatsregierung gebildet. In Mattersburg trafen sich neuerlich Politikerpersönlichkeiten rund um Dr. Karall. Ein provisorischer Landesausschuss, bestehend aus drei Sozialdemokraten, drei Christlichsozialen und drei Kommunisten wurde gegründet, Dr. Karl Posch (1897-1970) zum provisorischen Landesamtsdirektor bestellt.
In den ersten Monaten nach Kriegsende stand zu befürchten, die provisorische Staatsregierung könnte die von den Nationalsozialisten vorgenommene Aufteilung des Burgenlandes auf die Nachbarbundesländer Niederösterreich und Steiermark beibehalten.
Die Protagonisten der Wiedererrichtung des Burgenlandes setzten alle Hebel in Bewegung, um diesen Plänen entgegenzuwirken. Treffen fanden nun öfter statt, was nicht einfach war, da der öffentliche Verkehr eingestellt war und es an Treibstoff für Privatautos mangelte. Insbesondere war es praktisch unmöglich, vom Norden des Burgenlandes in den Süden zu reisen. „Die Bevölkerung dieses Landstrichs war sich mehr oder minder ihrem Schicksal überlassen“, berichtet August Ernst.
Ein Gesetzesentwurf sah bereits die Verwaltung „der ehemals zum Burgenland gehörenden Gebiete“ durch die Länder Niederösterreich und die Steiermark vor.
Als dieser Vorschlag publik wurde, sprachen „verschiedene Gruppen“ aus dem Burgenland bei Staatskanzler Dr. Karl Renner und anderen Bundespolitikern vor. Schließlich wurde der Beschluss gefasst, sich für einen Neustart des Burgenlandes einzusetzen.
Dr. Ludwig Adamovich (1890-1955), Präsident des Verfassungsgerichtshofes von 1945 bis 1955, arbeitete das „Verfassungsgesetz über die Wiedererrichtung des selbstständigen Landes Burgenland (Burgenlandgesetz)“ aus, das am 29. August 1945 vom Politischen Kabinettsrat beschlossen wurde.
Nach Verlautbarung dieses Gesetzes begannen Vorbereitungen zur Schaffung einer provisorischen Landesregierung.
Auf Vorschlag von Staatskanzler Renner wurde Dr. h. c. Ludwig Leser (1890-1946) als erster provisorischer Landeshauptmann des Burgenlandes in der Zweiten Republik bestellt. Zu seinen Stellvertretern wurden Dr. Lorenz Karall und Dipl. Ing. Otto Mödlagl berufen. Dr. Karl Posch übernahm die Funktion des Landesamtsdirektors.
Am 1. Oktober 1945 fand im ehemaligen Augustinerinnenkloster in der Haydngasse in Eisenstadt die konstituierende Sitzung des Landesausschusses statt. Vertreter der Esterházyschen Güterdirektion überließen dem Landesausschuss unentgeltlich das Schloss Esterházy als Verwaltungsgebäude.
Quelle: Burgenländische Heimatblätter, Zur Wiederrichtung des Burgenlandes im Jahre 1945, August Ernst, 1968